Biologie des Bienenvolkes
Als sozial ausgerichtetes Insekt kann die Biene allein nicht
überleben, sie benötigt das hochdifferenzierte gesamte Bienenvolk.
In dem Volk unterscheidet man nach Entwicklung,
Aussehen, Tätigkeit und Lebensdauer zwei unterschiedliche weibliche
Bienenwesen, die Königin und die Arbeiterinnen. Drohnen sind voll ausgebildete
Männchen.
Königin (mit Zeichen) umgeben von Arbeiterinnen und einem Drohn.
Königin
Sie ist ein voll entwickeltes Weibchen -
auch Weisel genannt - das aus einem befruchteten Ei in 16 Tagen in einer
zapfenförmigen Königinnen- oder Weiselzelle herangewachsen. Während
ihrer Larvenzeit vom 4. bis 9. Entwicklungstag erhält sie hochwertige
Drüsensekrete von den
Arbeiterinnen (Weiselfuttersaft,
Géele Royal) als Nahrung.
Lebensdauer: 3 bis 4 Jahr
Tätigkeit: Ab dem 6. Lebenstag fliegt sie
mehrfach aus, um sich mit 8 bis 12 männlichen Bienen (Drohnen),
häufig an speziellen Stellen (Drohnensammelplätz), zu paaren.
Anschließend beginnt sie mit der Eiablage, bevorzugt von März
bis September. Die Königin legt im Mai/Juni bis zu 1 500 Eier je Tag
in den warmen Bereich des Wabenbaues (Brutnest). Dort herrschen Temperaturen
von ca. 35 Grad Celsius, die die Arbeitsbienen durch Wärmen und/oder Kühlen
aufrechterhalten. Weiterhin erzeugt die Königin zur Lenkung des Bienenstaates
in verschiedenen Drüsen Duft- und Geschmacksstoffe (= Pheromone).
Die Pheromone erfüllen folgende Aufgaben:
Die Arbeiterinnen geben diese Drüsensekrete (Pheromone) beim Futteraustausch
weiter.
Arbeiterin
Ihre Anzahl im Bienenvolk beträgt im
Winter 10000 bis 15000, im Sommer 30000 bis 50000. Arbeiterinnen sind Weibchen,
die aus befruchteten Eiern entstehen, jedoch wegen unvollständig entwickelter
Geschlechtsorgane nicht fortpflanzungsfähig sind.
Lebensdauer: 30 bis 35 Tage im Sommer, 6 bis 7
Monate im Winter.
Tätigkeit: Im ersten Lebensabschnitt (ca.
1. bis 20. Lebenstag der erwachsenen Biene) betätigt sich die Arbeiterin
als
Stockbiene mit folgenden Aufgaben:
- Wabenzellen putzen
- Larven mit Drüsensekret (als Ammenbiene), Pollen und
Nektar bzw. Honig fütten
- den Wabenbau aus Wachs errichten (als Baubiene)
- einlagern von Pollen und Nektar
- den Nektar zu Honig eindicken sowie die Brut- und Honigzellen
mit Wachsdeckeln verschließen
- den Stock von toten Bienen säubern, Temperatur und Luftfeuchte
im Stock regulieren, Wächterdienste am Flugloch verrichten
Alle diese Aufgaben werden von Bienen ausgeführt, die
durch den Entwicklungsstand innerer Drüsen und durch ihre Verhaltensweisen
am besten dazu geeignet sind (Arbeitsteilung).
Im zweiten Lebensabschnitt (ca. 20. Lebenstag bis zum
Tod) betätigt sich die Arbeiterin als Sammelbiene mit folgenden Aufgaben:
- Nektar, Honigtau, Pollen, Propolis (Kittharz) und Wasser
sammeln
- Nektar und Honigtau nach der Heimkehr mit eindicken
- junge, nicht ausgelastete Sammelbienen zur Ausbeutung
ergiebiger Nektar- und Pollenquellen anwerben (siehe Sprache der Bienen)
Drohnen
Ihre Anzahl im Bienenvolk beträgt 500 bis 1 500, sie leben nur von Mai bis August. Drohnen sind voll ausgebildete Männchen.
Entwicklung: aus einem unbefruchteten Ei in 23
bis 24 Tagen.
Lebensdauer: 20 bis 50 Tage
Tätigkeit: Paarung mit einer jungen Königin,
bevorzugt auf sogenannten Drohnensammelplätzen. Der Drohn stirbt bei der Paarung.
Drohnen sind während ihrer Entwicklungszeit und als erwachsene Tiere in Notzeiten durch Vernichtung und Aushungerung gefährdet. Am Sommerende vertreibt sie das Volk.
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Zeitplan der Brutentwicklung

Die Bienen durchlaufen eine vollständige Verwandlung vom Ei über Rund- und Streckmade, Puppe bis zum ausgewachsenen Insekt (Imago).
Bedeutung der Biene
Im Naturhaushalt
Bei der Mehrzahl der einheimischen Blütenpflanzen erfolgt eine Bestäubung durch Insekten. Ein Teil der Blütenpflanzen hat sich im Laufe ihrer Entwicklung auf eine bestimmte Insektenart spezialisiert. Beim Geißblatt gelangen nur langrüsselige Falter an den Nektar (gleiches gilt für verschiedene Nachtschattengewächse). Die Blüten von Löwenmaul und anderen Rachenblütlern können nur von den kräftigen Hummeln aufgebrochen werden.
- Die Honigbiene überwintert mit den langlebigen Winterbienen als Volk. Sie kann daher schon im Frühjahr mit einer bedeutenden Anzahl an Individuen ausfliegen.
- Die Honigbiene ist bei ihrer Sammeltätigkeit blütenstet, sie bleibt einer Trachtquelle treu. Diese Eigenschaft garantiert die Bestäubung der Blütenpflanzen, denn jede Pflanze braucht zur Befruchtung Pollen der eigenen Art.
Als Gegenwert für Nektar und Pollen wird mit der Bestäubung die Voraussetzung zur Arterhaltung und -vermehrung für die Pflanzen geschaffen. Für einen großen Teil der Tierwelt bilden die Wildfrüchte und Pflanzen die Lebensgrundlage.
Wirtschaftliche Bedeutung
Durch die Bestäubung der Obstblüten, Raps, Ackerbohne und sonstigen zur Samengewinnung angebauten Blütenpflanzen leistet die Biene durch die Erzeugung von Honig und durch ihre Bestäubungsarbeit dem Menschen gute Dienste. Der Einfluss der Bienenbestäubung auf den Ertrag ist in verschiedenen Versuchen nachgewiesen worden. Zum Beispiel bei Kernobst führte die besser Bestäubung zu einer Ertragssteigerung bis um das Zehnfache. Je besser die Befruchtung, desto höher auch das Fruchtgewicht und die Qualität.
Bedürfnisse der Biene
Die Grundbedürfnisse eines Bienenvolkes sind Wohnraum für den Wabenbau, eine ausreichende Futterversorgung und eine Wasserstelle.
- Die Bienenwohnung war bis vor nicht allzu langer Zeit ausschließlich der hohle Baum mit viel Platz und möglichst kleinem Eingang. Hier fand das Volk Schutz vor dem Wetter und vor Feinden.
In den Wäldern unserer Zeit ist der hohle Baum eine ausgesprochene Rarität. Entflohene Schwärme haben deshalb mangels Wohnung keine Überlebensmöglichkeit. Das Bienenvolk wird heute vom Imker in der "Baute" untergebracht, die als Kasten mit einem festen Rauminhalt oder als erweiterungsfähiges Magazin gebaut ist.
- Das Wasser ist notwendig, sobald das Brutgeschäft beginnt, im Sommer wird es auch zur Temperaturregelung im Bienenstock verwendet.
- Die Bienenlarve benötigt zum Wachstum eine eiweißreiches Futter, das anfangs auf der Grundlage von Pollen als Futtersaft von den Ammenbienen erzeugt wird. Danach werden Pollen und Nektar verfüttert. Blütenpollen ist deshalb die Voraussetzung für das Wachstum der Arbeiterinnen.
Honig ist die Energienahrung für die entwickelte Biene. Ein Bienenvolk verbraucht im Laufe des Jahres etwa 35 kg Pollen und 50 kg Honig. Bei Trachtlosigkeit stellt die Königin die Eiablage ein.